Dabei hat die Insel für den an Kunst und Kultur interessierten Reisenden noch so viel mehr zu bieten als nur paradiesische Erholung. Schon seit geraumer Zeit prägen balinesische Künstler die internationale Kunstszene, sogar ein eigener Bali-Stil hat sich herausgebildet.
Umfassende Literatur die dem Interessierten einen umfassenden Einstieg in Balis Kunst, Religion und Kultur bietet, gibt es nach wie vor aber kaum, zumindest nicht in deutscher Sprache. Das möchte der Autor und Bali-Spezialist Urs Ramseyer mit diesem Buch ändern.
So wertvoll Bali für die Kunstszene auch sein mag, es gibt in der balinesischen Sprache nicht ein mal ein Wort für Kunst. Diese Begriffe musste man sich aus der indonesischen Sprache entleihen. Denn auf Bali macht man keine Kunst. Man schnitzt Masken, singt, tanzt oder spielt in einem Gamelanochester. Alles zu einem bestimmten Zweck, meist ist dieser in der faszinierend vielseitigen Religion zu suchen. Aber Kunst um der Kunst willen, kannte man auf Bali früher nicht.
Das ist auch der Grund, warum jeder ein Künstler zu sein scheint. Jeder Bauer, Fahrer oder Hilfsarbeiter hat ebenso viel Kunstverständnis wie ein Beamter oder Brahmane. Denn keiner davon ist ein Künstler, sie alle leben lediglich ihre Kultur und das mit wahrer Perfektion.
Urs Ramseyer: Kunst und Kultur in Bali
Schwabe, 2002, 255 Seiten
Format 30,2 x 22,6 x 2,7 cm
ISBN-10: 3796518869
ISBN-13: 9783796518867
Deshalb kommen in diesem Buch auch zuallererst einige Balinesen zu Wort und erklären dem Leser ihr Verständnis von Kunst. Danach folgt ein kompakter aber dennoch recht detaillierter Abriss der Geschichte Balis und der Entstehung seiner Kunstszene.
Vom Altertum als große Teile des heutigen Indonesiens noch mit dem asiatischen Festland verbunden waren über die Einflüsse aus Indien, die Machtübernahme durch das Majapahit Reich, die Weltkriege bis hin zum modernen Massentourismus. Der Autor erklärt wie eine ursprünglich höfische Kunst zur Volkskunst werden konnte. Bis hierhin wurden die Quellen aufgespürt und analysiert, aus denen sich die heutige Kultur Balis gespeist hat. Nun geht er detailliert auf die verschiedenen Künstler und Kunsthandwerker im höfischen Umkreis ein. Weiter geht es mit den Zeremonien, Riten und Festen Balis, das komplexe Thema der Opfergaben wird behandelt und zu guter Letzt natürlich Musik, Tanz und Drama.
Dass dies alles einem immerwährenden Wandel unterzogen war und ist, dieses Buch also nur eine Momentaufnahme liefern kann, wird dem Leser schnell klar. Auch heute noch werden immer wieder neue Einflüsse zugelassen und alte abgeschafft. Ergänzt werden die Ausführungen immer wieder durch Fotografien von Kunst- und Ritualgegenständen aus Alltag und Religion.
Fazit
Wer dieses Buch von Anfang bis Ende liest, der hat hinterher einen umfassenden Überblick über die Kunst, Kultur, Rituale und Zeremonien der Insel Bali und nicht zuletzt einen tiefen Einblick in das Leben einer Kultur die man als Tourist allenfalls oberflächlich zu streifen vermag. Es ist zwar ein Fachbuch, aber keinesfalls langweilig oder trocken zu lesen. Zudem eignet es sich auch als Nachschlagewerk, wenn man sich nur für bestimmte Aspekte der balinesischen Realität interessiert.
Autor
Urs Ramseyer ist Konservator der Abteilung Südostasien am Museum der Kulturen in Basel. Er studierte Ethnologie, Soziologie und Musikwissenschaft in Basel und Paris. 1972 begann er mit soziologischen Forschungen auf Bali die sich bald zu einer umfassenden Erforschung der balinesischen Kunst und Kultur ausweiteten. 1996 erhielt er für sein Engagement für den Kulturaustausch zwischen Bali und dem Rest der Welt den balinesischen Kulturpreis “Dharma Kusuma”. Er publizierte zahlreiche Bücher über Balis Kunst- und Kulturszene.