Die Erfassung der Gesetzeslage in Indonesien ist aufgrund mehrerer Umstände ein schwieriges Unterfangen – nicht nur für den Ausländer: Die Basis ist breit gestreut: Zum Teil Jahrhunderte alte Bestimmungen aus den Niederlanden sind nach wie vor in Geltung. Viele nur regional geltende Bestimmungen und diverse Materialen machen es jedem schwer, eine fundierte Übersicht zu erhalten.
Alles ist ausschließlich in „Bahasa Indonesia“, der Landessprache, verfasst – englische Versionen sucht man vergebens. Die grundsätzliche Basis stellt aber seine Verfassung aus 1945. Und nicht nur die Sprache an sich macht es selbst indonesischen Rechtswissenschaftlern schwer: Die Mehrdeutigkeit der Formulierungen lassen häufig keine aussagekräftigen Schlüsse zu. Das Gewohnheitsrecht, welches als völkerrechtliche Rechtsquelle weltweit anerkannt ist und in der Wiener Konvention 1969 von den meisten Staaten ausdrücklich in die Schriftform transferiert wurde, hat in Indonesien einen besonderen Stellenwert: Die Gerichte wenden es direkt an.
Dennoch: Das Handwerkszeug deutscher Juristen beeindruckt vor Ort
Die analytische, systematische Herangehensweise hierzulande geprägter Juristen führt in Indonesien häufig zum Erfolg und ruft zum Teil Erstaunen hervor. So unterschiedlich die Rechtsgrundlagen auch aufbereitet sind – inhaltlich besteht kein so markanter Unterschied im Zivilrecht, als man denken mag: Der Einfluss aus den Niederlanden hinterlässt seinen Charakter und hebt dadurch den Stellenwert der deutschen Juristerei um ein weiteres.
Dennoch wurden in bestimmten Gebieten die berüchtigten Scharia-Gesetze zum Teil ausdrücklich anerkannt – die Berichte aus Aceh lassen aufhorchen: Kleidungsvorschriften oder Verbote sozialer Kontakte zwischen den Geschlechtern beängstigen nicht nur Touristen. Außerhalb Acehs darf man aber beruhigt sein: Nur dieser Provinz wurde laut Berichten von Human Rights Watch überhaupt die Heranziehung der Scharia zugestanden.
Darüber hinaus verstößt Aceh nicht nur gegen die Menschenrechte, sondern auch gegen die eigene, indonesische Verfassung. Und die Regeln werden selber werden nur selektiv angewandt. Zur Auslegung, Anwendung und Vollziehung fühlen sich „Gemeindemitglieder“ berufen, welche sich vor allem gegen Frauen wenden. Diese haben ihren Körper bis auf die Hände, Füße und Gesicht zu bedecken und dürfen auch die Körperkonturen nicht erkennen lassen.
Als mündiger Bürger steht es jedem frei, in beliebige Regionen zu reisen. Zuvor sollte man sich jedoch jedenfalls über die regional geltenden Bestimmungen erkundigen. Wenngleich manche Provinzen auf die Sonderrechte Acehs schielen – außerhalb dieses Gebietes ist der Tourist von der Scharia nicht betroffen und kann getrost das beliebte Urlaubsgebiet genießen. Bei diversen Problemen, wie etwa einem verlorenen Reisepass, hilft die Botschaft gerne weiter – übrigens jede Außenstelle eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union – es sei denn, die des Herkunft-Staates wäre genauso nah.