Der morgendliche Blick über den nebenverhangenen Dschungel von Balis Nationalpark war das frühe Aufstehen allemal wert
Für Reisende wie mich, die spontan und mit dem Rucksack durch die Gegend tingeln, hat Bali unendlich viel zu bieten. Mag man nun über die vermeintlichen oder tatsächlichen Touristenmassen denken was man möchte, mit etwas Kreativität und Entdeckergeist ist man ihnen im nu entkommen und findet sich in einer wahren Traumwelt wieder. So war auch ich drei Wochen auf Bali unterwegs, angefangen natürlich im touristischen Süden der Insel, weil man dort nun mal mit dem Flieger ankommt. Wer auf schicke Hotels und abendliche Unterhaltung steht, der ist dort sicher gut aufgehoben, für mich ist das nur bedingt geeignet und so zog es mich schnell in weniger touristische Gefilde. Auf der Suche nach den etwas abgelegeneren Orten Balis bin ich schließlich ganz im Westen gelandet, in der kleinen Stadt Gilimanuk. Die hat zwar eine große Bedeutung als Fährhafen nach
Java hinüber, aber für Touristen gibt es eher wenig zu sehen, mal abgesehen von einem wahrlich beeindruckenden Torbogen. Was einerseits dafür sorgt, dass erst gar nicht so viele Touristen anreisen, andererseits die Dichte an Hotels auf einem sehr überschaubaren Niveau hält. Gefunden habe ich dennoch eines, irgendwie findet man auf Bali immer ein Hotel. Es genügt schon, mit fragendem Blick am Straßenrand zu stehen, ziemlich sicher kommt man mit einem Einheimischen ins Gespräch und der kennt dann wieder jemanden der jemanden kennt … Am Ende stehen dann nicht nur ein paar neue Freunde sondern auch ein Hotel oder was auch immer gerade gesucht wurde.
Das berühmte Tor von Gilimanuk ist so ziemlich die einzige Touristenattraktion der Stadt. Ansonsten ist Gilimanuk aber ein wichtiger Fährhafen nach Java hinüber.
Aber ich war nicht etwa wegen der Stadt in Gilimanuk hier, sondern aus einem ganz anderen Grund. Ich wollte den Taman Nasional Bali Barat, den Nationalpark Balis besuchen (Anm.d.Red.: siehe:
Nationalpark Balis). Der bedeckt fast den gesamten Westen Balis und beherbergt einige sehr seltene Tier- und Pflanzenarten. Die Berichte über diesen Park lasen sich im Vorfeld alle sehr verlockend und nachdem ich das alles gelesen hatte, stand für mich fest dass ich diesen Nationalpark unbedingt besuchen musste. Nicht all zu ausgiebig, mit dem Wandern habe ich es noch nie übertrieben, aber dort gewesen wollte ich zumindest sein. Also einfach mal den Hotelmanager gefragt, ob er denn da helfen könne. Natürlich konnte er! Sofort bot er mir an, einen Freund anzurufen. Er sei Parkführer und würde mich sicher gerne führen. Gesagt, getan, er telefonierte kurz und voila – am nächsten Morgen sollte es um 6:00 Uhr losgehen. Zu bezahlen hätte ich im Voraus … aha … aber was blieb mir anderes übrig. Gut, die umgerechnet 6 Euro rissen jetzt kein wirklich großes Loch in die Reisekasse. Aber 6:00 Uhr! Ach du grüne Neune, offenbar verhält es sich mit der Natur auf Bali genauso wie überall auf der Welt. Morgens ist am meisten zu sehen und da auf Bali immer so um 6:00 Uhr herum die Sonne aufgeht ist das sicherlich ein guter Zeitpunkt.
Im Nationalpark Balis stehen solch riesige Ficus-Bäume dicht an dicht. Oft bilden die Wurzeln richtige Höhlen.
Nachdem ich den ersten Schreck über die unmenschlich frühe Zeit überwunden hatte, bot mir der Hotelmanager gleich an, rechtzeitig für ein Frühstück zu sorgen. Klar, um diese Zeit gab es regulär noch keines. Nun ja, dann sollte es halt so sein, etwas früher als sonst legte ich mich diesen Abend aufs Ohr und freute mich schon auf den Morgen. Der kam wie erwartet viel zu früh, noch etwas schlaftrunken packte ich meine Sachen und schon stand mein Manager vor der Tür, mit dem versprochenen Frühstück. Immerhin, ein paar Sandwiches mit irgend etwas drauf. So früh am Morgen war ich froh, die Brote als Brote zu erkennen, der Belag interessierte mich nur ganz am Rande. Gut gestärkt fand ich mich pünktlich um 6 Uhr vor dem Hotel ein und harrte der Dinge die da kommen würden. Die kamen erst einmal gar nicht, weit und breit keine Spur vom versprochenen Parkführer, eine halbe Stunde später immer noch nicht. Sollte sich die Vorkasse nun rächen? Ein etwas komisches Gefühl hatte ich irgendwie schon.
Aber völlig grundlos, denn kurz darauf stieg aus einem der Bemos ein netter junger Mann, der sich mir als mein Führer vorstellte. Made hieß er … natürlich … Made ist auf Bali ein Name wie in Bayern Maximilian. Aber Moment mal, aus einem Bemo? Wie kommen wir denn dann zum Park? Ach so, natürlich auch mit dem Bemo. Ich war schon so das herumkutschiertwerden im Auto oder auf dem Mopped gewohnt, dass ich damit nicht gerechnet hatte. Nun ist so ein Bemo für einen Europäer eine etwas gewöhnungsbedürftige Art zu reisen. Es handelt sich dabei um eine Art Sammeltaxi, das auf einer festen Route verkehrt. Allerdings nicht mit festen Haltestellen, man winkt sich einfach das mit der richtigen Nummer heran, es hält an und man steigt ein. Ist das Ziel gibt erreicht, genügt ein Zeichen an den Fahrer und er hält an. Ganz einfach und sicherlich auch sehr günstig, der Fahrpreis war aber wohl im Honorar für Made enthalten. Er kümmerte sich rührend, verschaffte mir dem besten Platz im Bemo und bezahlte natürlich auch. Das Fahrvergnügen in so einem Bemo hält sich in Grenzen, es ist laut, wackelig und die Sitze erinnern ein wenig an Bananenkisten mit Lehne. Über den Wartungszustand von Lenkung und Bremsen wollte ich erst gar nicht nachdenken, der Zustand des Getriebes war deutlich zu hören.
Der Blick über die Bucht von Gilimanuk von Balis Nationalpark aus gesehen
Aber dennoch war ich guter Dinge, wir fuhren auf kleinen Seitenstrassen durch die üppige grüne Vegetation, rechts und links ab und zu kleine Häuser aber ansonsten nur Grün. Genau dafür war ich ja angereist, die Vorfreude stieg. Mit Spannung erwartete ich den Eingang zum Park. Als Deutscher ist man es ja gewohnt, dass selbst ein Wald irgendeine Form von Eingang besitzt, besucht man beispielsweise den Nationalpark Bayrischer Wald, so beginnt der Besuch auf einem riesigen Parkplatz und danach folgt ein ebenso riesiges Nationalparkhaus mit Gastronomie und Museum. So ähnlich würde es ja wohl auch auf der Touristeninsel Bali sein. Irgendwann gab Made das Zeichen, das Bemo hielt an, wir stiegen aus und … standen am Straßenrand. Aha, gut, vielleicht mussten wir ja umsteigen, ein Nationalpark war jedenfalls weit und breit nicht zu sehen. Nur eine Straße und Wald … viel Wald. Ehe ich mich recht orientiert hatte, war Made auf der anderen Straßenseite, winkte mir kurz zu und verschwand im Dickicht. Na super, das hatte ich jetzt nicht erwartet. Schnell versuchte ich ihm zu folgen, tatsächlich war da ein Trampelpfad und schon stand ich mitten im Dschungel. Zum Glück war Made nicht weit, mein Erstaunen schien ihn zu amüsieren und er erklärte, dass das hier ganz normal sei, er kenne sich aus, keine Sorge.
Und er kannte sich aus, zumindest führte er mich schnurstracks zu einem Platz mit atemberaubender Aussicht. Der Dschungel unter uns, ein paar letzte Nebenschwaden in der aufgehenden Sonne, einfach traumhaft. Laut ihm haben wir sogar einen der extrem seltenen Balistare gesehen, jedenfalls hat er behauptet einen im Vorbeiflug gesehen zu haben, ich konnte ihn nicht erkennen. Aber wie auch immer, auch ohne den seltenen Vogel hatte sich der Ausflug mehr als gelohnt.
Die Küste des Taman Nasional Bali Barat ist dicht von beeindruckenden Mangroven bestanden
Zurück nahmen wir einen anderen Weg, mitten durch den Busch, über Bachläufe und an riesigen Ficus-Bäumen vorbei. Allerhand Getier war zu sehen, allen voran natürlich Vögel. Zu allen konnte er mir etwas erzählen, keine Chance sich das alles zu merken, aber darauf kam es mir auch nicht an. Auf dem Rückweg führte er mich bis hinunter ans Meer, durch beeindruckende Mangroven hindurch. Alles in allem waren wir sicher drei Stunden unterwegs, drei der beeindruckendsten Stunden meiner ganzen Bali Reise. Zurück fuhren wir natürlich wieder mit dem Bemo und wohlbehalten kamen wir am Hotel an.
Der Autor: Jens ist Münchner, Teilzeitabenteurer und gelegentlicher Weltreisender und hat schon alle möglichen und unmöglichen Länder bereist. Ab und zu schreibt er darüber, wenn man ihn nett darum bittet.
Im Nachhinein bin ich mir gar nicht sicher, ob der Made wirklich einer der offiziellen Parkführer und ob seine Route eine offizielle war. Aber der Ausflug hat sich gelohnt, ich kann nur jedem Balireisenden empfehlen den Nationalpark zu besuchen. Wer nicht ganz so ungeplant unterwegs sein möchte wie ich, der kann sich ja schon vorher ein Hotel buchen. Es ist ziemlich wahrscheinlich dass sich dort auch eine Tour durch den Park buchen lässt.